GRÜNDEN VEREINFACHEN
1. Gründen ab 16
Man darf in Österreich ab 16 wählen, arbeiten oder Alkohol trinken – aber kein Unternehmen gründen. Denn für die Anmeldung eines Gewerbes, die Eintragung eines Unternehmens oder die Übernahme von GmbH-Anteilen oder der Geschäftsführung muss man derzeit mindestens 18 Jahre alt sein. Mit Zustimmung der Eltern sind begrenzte Handlungen möglich, aber nicht alle Eltern können oder wollen die unternehmerischen Ambitionen ihrer Kinder unterstützen, müssen deren Einkünfte dann zudem selbst versteuern und verlieren ggf. das Kindergeld.
Theoretisch besteht die Möglichkeit, sich mittels eines Verfahrens vor dem Familiengericht volljährig schreiben zu lassen – aber bis dieses Verfahren abgeschlossen ist, sind die meisten Antragsteller bereits von selbst volljährig geworden.
Die Junge Wirtschaft Wien setzt sich daher dafür ein, dass die Möglichkeiten für talentiert junge Menschen im 16. und 17. Lebensjahr ausgeweitet werden, sich unternehmerisch betätigen zu dürfen. Damit ist nicht gemeint, die Altersgrenze bis zum Erreichen der vollen Geschäftsfähigkeit generell zu senken. Für besonders engagierte junge Gründer:innen soll es aber zum Beispiel ein beschleunigtes Verfahren vor dem Familiengericht geben – unter Umständen gekoppelt an die positive Absolvierung der Unternehmerprüfung.
Parallel – aber nicht stattdessen – soll das inner- und außerschulische Entrepreneurship-Bildungsangebot für Jugendliche ausgeweitet werden, sodass sie sich schon vor Erreichen des 18. Lebensjahres das nötige Basiswissen aneignen können, das es für eine Unternehmensgründung braucht. Besondere Talente sollen in einer „Junior Enterprise Academy“ eine vertiefte Ausbildung in Modulen wie Marketing, Finanzen und Recht erhalten.
Da die Junge Wirtschaft selbst viele Initiativen zur Wissensvermittlung im Bereich Gründung und Unternehmensführung anbietet, sollen die Statuten der Jungen Wirtschaft Wien dahingehend geändert werden, dass ein Beitritt bereits ab dem 16. Lebensjahr möglich ist.
2. Digitale Gründung vereinheitlichen und beschleunigen
Derzeit können nur wenige Gesellschaftsformen (Einzelunternehmen, Ein-Personen-GmbHs) mittels eGründung über das Unternehmensserviceportal USP gegründet werden. Für die Gründung eines eingetragenen Einzelunternehmens (e.U.) oder einer Personengesellschaft (OG, KG) kann das Portal justizonline.gv.at genutzt werden. Für GmbH-Gründungen ist nach wie vor ein Notariatsakt verpflichtend. Die Gewerbeanmeldung für Einzelunternehmen und Ein-Personen-GmbHs kann über das USP erfolgen, bei Änderungsanträgen zum Firmenbuch müssen Einzelunternehmen, OGs und KGs justizonline.gv.at nutzen.
Die Junge Wirtschaft Wien setzt sich dafür ein, dass es in Zukunft eine einheitliche Plattform gibt, über die alle genannten Vorgänge schnell und einfach erledigt werden können.
Insbesondere die Bearbeitungsdauer online eingereichter Gründungen (diese ist mittlerweile oft höher als jene „analoger“ Gründungen) soll stark beschleunigt werden.
UNTERNEHMERSEIN ERLEICHTERN
1. Beteiligungsfreibetrag (endlich) umsetzen
Für Jungunternehmer:innen ist es in Österreich oft schwerer, als in anderen Ländern, Wachstumskapital aufzustellen. Seit vielen Jahren wird daher ein Beteiligungsfreibetrag gefordert als Anreiz für private Investitionen in österreichische Unternehmen, sodass heimischen Betrieben mehr Kapital zur Verfügung steht. Business Angels und andere private Kapitalgeber sollen bis zu 100.000 Euro als Freibetrag steuerlich absetzen können (über fünf Jahre gleichmäßig verteilt). Gewinne aus einer Veräußerung einer solchen begünstigten Beteiligung wären natürlich voll zu versteuern.
Auch viele andere Vereine und Institutionen (AAIA, Austrian Startups, …) setzen sich für diese Forderung ein, auch Präsident Ruck hat bereits öffentlich dafür geworben (vgl. etwa https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211029_OTS0023/wk-wien-in-betriebe-investieren-ist-besser-als-sparen).
2. Rundum-Sorglos-Paket für erste Mitarbeiter (weiterverfolgen)
Immer wieder haben JW-Mitglieder bei Veranstaltungen und anderen Gelegenheiten durchklingen lassen, dass sie sich nicht trauen, erste Mitarbeiter:innen einzustellen – was passiert etwa, wenn diese länger erkranken? Auf Basis dieser Sorgen hat die Junge Wirtschaft Wien daher ein Forderungspaket zusammengestellt, um Unternehmer:innen die Bedenken vor dem Einstellen erster Mitarbeiter:innen zu nehmen:
- Für Gründungsunternehmen – und nur für diese – soll die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch die AUVA in den ersten drei Jahren ab dem Zeitpunkt der ersten Aufnahme von Mitarbeiter:innen für die ersten drei Mitarbeiter:innen bereits ab dem vierten Tag im Krankenstand gelten (und nicht, wie derzeit, erst ab dem elften Tag).
- Der Zuschuss im Rahmen der Entgeltfortzahlung im genannten Zeitraum soll 80% der Gehaltskosten umfassen (statt derzeit 50% bzw. 75% bei Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden). Die neue Erstattungsregelung muss Bestimmungen zur Vermeidung missbräuchlicher Inanspruchnahme enthalten.
- Für die ersten drei Mitarbeiter:innen sollen keine abgabenrechtlichen Lohnnebenkosten in den ersten drei Jahren anfallen (unabhängig von der Bestandsdauer des Unternehmens).
- Um auch die Kosten für die Lohnverrechnung zu senken, soll es von den Lohnverrechner:innen und Bilanzbuchhalter:innen einen Gutschein in Höhe von 1.000,- Euro für Neugründer:innen geben (umgekehrt ein Marketingvorteil für die Lohnverechner:innen in Abgrenzung zu den Steuerberater:innen).
3. Scheitern nicht bestrafen
Während manche Investmentfonds voraussetzen, dass Gründer:innen mindestens einmal auf die Nase gefallen sind, bedeutet eine Insolvenz in Österreich immer noch in vielen Fällen das Ende der unternehmerischen Tätigkeit.
Die Junge Wirtschaft Wien möchte Scheitern entstigmatisieren und setzt sich dafür ein, dass Unternehmer:innen auch trotz einer Insolvenz schneller wieder einen Neustart wagen dürfen. Gemeinsam mit einschlägigen Stakeholdern (z.B. den Veranstaltern der „Fuckup-Nights“) soll eine positive Fehlerkultur etabliert und konkrete Maßnahmen erarbeitet werden, die es betroffenen Unternehmer:innen erleichtern, als Gründer:innen erneut Fuß zu fassen.
Unternehmensinsolvenzen vor dem Handelsgericht sind regelmäßig nicht auf EPUs zugeschnitten und sehr kostenintensiv. Ein Schuldenregulierungsverfahren – auch bekannt als Privatkonkurs – steht derzeit nur Personen ohne aktive Gewerbeberechtigung zur Verfügung. Künftig sollte es möglich sein, dass EPUs Schuldenregulierungsverfahren auch bei aufrechter Gewerbeberechtigung - wie Privatpersonen - ohne Kostenvorschuss und ohne Masseverwalter (mit Eigenverantwortung) durchführen können. Auf diese Weise werden Verfahrenskosten gespart und die Verfügungsbefugnis über das Unternehmen behalten. Auch soll eine Verwertung eines fortführbaren Unternehmens vor Umsetzung eines Zahlungsplans oder Abschöpfungsverfahrens vermieden werden.
Zusätzlich soll in Zusammenarbeit mit den großen Förderagenturen eine Förderung speziell für gescheiterte Unternehmer:innen geschaffen werden, die ihnen den Neustart erleichtert.
Bei allen angedachten Erleichterungen für Gescheiterte sind jedoch auch die Gläubigerinteressen stets zu beachten, darf Missbrauch dadurch nicht gefördert werden.
4. Gewerbescheine nur für echte Unternehmer
Aktuell muss jede Person, die eine Tätigkeit selbstständig, regelmäßig und in Ertragserzielungsabsicht ausübt, einen Gewerbeschein lösen – auch wenn sie faktisch weit davon entfernt ist, tatsächlich Unternehmer zu sein – etwa Personen, die hin und wieder ein Sammelobjekt über Willhaben & Co verkaufen, einen gebrauchten Computer aufrüsten
und weiterverkaufen, ein Clubbing organisieren oder als Studentenjob Essen ausliefern oder Elektroroller aufladen. Diese Personen haben im Regelfall eine andere Haupttätigkeit (Studium, unselbstständiger Beruf) und gar nicht die Absicht, mit ihrer Nebentätigkeit ein „richtiges“ Unternehmen aufzubauen mit Angestellten, eigener Infrastruktur etc.
Die Junge Wirtschaft Wien fordert daher die Befreiung von der Gewerbeschein-Pflicht für Tätigkeiten, die unter die freien Gewerbe fallen, solange die mit dieser Tätigkeit erzielten Umsätze die Kleinunternehmergrenze nicht übersteigen.
5. Ausdehnung des NeuFöG auch auf Betriebsübernahmen
Immer mehr Unternehmer:innen suchen Nachfolger:innen für ihre Betriebe. Anfang 2022 waren auf der Nachfolgeplattform der WKO noch 686 offene Betriebe ausgeschrieben, Anfang 2023 waren es bereits 835, aktuell sind es 877 (vergleichbare Steigerung auch in Wien).
Derzeit gilt das NeuFöG bei Betriebsübernahmen nur in Hinblick auf einige wenige geringfügige Gebühren – die Vergünstigungen in Hinblick auf Dienstgeberbeiträge, die Neugründer:innen gewährt werden, gibt es bei Übernahmen nicht – dabei sind Unternehmer:innen im Regelfall sogar gesetzlich verpflichtet, das bestehende Personal zu übernehmen.
Die Junge Wirtschaft Wien fordert daher, dass das NeuFöG bei (erstmaligen) Betriebsübernahmen im gleichen Ausmaß gilt, wie bei Neugründungen.