Interview mit einem Profi – mein Talk mit 2 Gründerinnen

GründerInnen sind die regelmäßige Innovationsspritze für die Wirtschaft. Doch wie kommt man richtig aus den Startlöchern und welche Tipps kann eine erfolgreiche Unternehmerin an Neustarter weitergeben? Die beiden Kärntner Gründerinnen Andrea Bergner und Manuela Mark haben bei mir nachgefragt.

Portrait Christiane Holzinger | JW Team

Christiane Holzinger | JW Team

JW Bundesvorsitzende

5.10.2020

Christiane H. im Talk mit 2 Gründerinnen
© wkk

Das eigene Unternehmen zu gründen ist der Schritt der Champions und Grundstein, um die berufliche Laufbahn nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Neben den rein sachlichen Aspekten wie einem Businessplan, der Definition der „Unique Selling Proposition“, des Alleinstellungsmerkmals des Unternehmens, und den rechtlichen Erfordernissen einer Gründung ist aber vor allem eines wichtig: die richtige Einstellung und die persönliche Herangehensweise an den Beruf des Unternehmers. Die beiden Gründerinnen Andrea Bergner und Manuela Mark sind der Sache auf den Grund gegangen und haben Christiane Holzinger, Vorsitzende von Junge Wirtschaft Österreich und seit Jahren bereits erfolgreich am Markt unterwegs, zum Interview ins 19null7 nach Klagenfurt eingeladen und sie zur Rede gestellt.

Den Start macht Andrea, die seit Anfang Dezember 2019 nebenberuflich als Social-Media-Expertin für Unternehmen arbeitet und ihren Hauptverdienst mit ihrem Job bei Infineon in Villach macht – außerdem studiert sie nebenher.

Andrea: Was würdest du jemandem empfehlen, der sich noch nicht sicher ist, ob er gründen soll oder nicht?

Christiane: Das Hauptkriterium für diese Entscheidung ist für mich ganz klar: Bist du bereit, wirklich hart zu arbeiten? Die wesentlichen Punkte sind auch Disziplin und Durchhaltevermögen. Ohne diese drei Eigenschaften funktioniert Selbstständigkeit aus meiner Sicht nicht. Als Unternehmen musst Du ab dem Zeitpunkt, an dem du selbstständig bist, wissen, was du zu tun hast – und du musst dich definitiv selbst organisieren können. All das muss ich vorher abwägen, bevor ich den Weg in die Selbstständigkeit gehe. Vor der Gründung sollte man sich außerdem das eigene private Umfeld anschauen. Denn die Familie, der Partner und Freunde müssen bei der Gründung mitziehen und gerade in der Gründerphase viel Unterstützungsarbeit leisten. Ich hatte diese Unterstützung leider nicht, denn als ich gegründet habe, war in meinem Freundeskreis niemand selbstständig. Auch meine Eltern, die selbst Unternehmer sind, haben sich anfangs gewundert. Ich hatte immer gute Jobs, auch in Führungspositionen, und meine Eltern wussten, was mit der Selbstständigkeit auf mich zukommen würde – die wenige Zeit, die viele Arbeit und das Risiko, eine eigene Firma zu gründen und zu führen. Mein Drang, selbstständig zu sein, war aber riesengroß, eben weil ich in einer Unternehmerfamilie aufgewachsen bin und weil ich immer überzeugt war, dass ich das, was ich gut kann, auch anderweitig machen kann.

Manuela Mark, seit Jänner 2020 als Texterin und Social-Media-Fachfrau selbstständig: Seit meiner Gründung sind jetzt acht Monate vergangen. Eine Zeit, die alles andere als ein Spaziergang war, sondern ein 24/7-Job ist. Was mich interessiert ist:

Wenn man dir auf Instagram oder Facebook folgt, hat man den Eindruck, dass du eine sehr gute Work-Life-Balance hast. Schaffst du Dir Momente, in denen du nicht an die Arbeit denkst?

Christiane: Ich finde den Ausdruck „Work-Life-Balance“ ziemlich schulisch auf die Frage getrimmt, wann es Arbeit gibt und wann nicht. Daher finde ich den Begriff und diese Denkart nicht besonders gut, denn sie macht einen großen Vorteil zunichte, den ich als Unternehmerin habe: Die Freiheit, mir meine Zeit und meine Arbeit selbst einzuteilen. Wenn schönes Wetter ist, gehe ich Skifahren oder an den See. Oder ich lege meine Mittagspause anders. Ich arbeite dadurch nicht weniger, sondern anders. Und ich weiß selbst am besten, wann meine Energie-Zeiten sind und kann meine Arbeit in diese Stunden legen. Der wesentliche Teil ist die Definition von „Was ist Work?“ und „Was ist Life?“. Mein Leben habe ich nur einmal und meine Arbeit sehe ich nicht als Arbeit, sondern als das, was ich gerne mache und liebe. Ich stehe morgens nicht auf und habe schlechte Laune, weil ich gleich arbeiten muss. Wer mich kennt, weiß, dass mein Wohnzimmer und mein Arbeitszimmer dasselbe sind. Ich mache da keinen Unterschied zwischen Freizeit und Arbeit. Analog zu der bewusst fehlenden Trennung von „Work“ und „Life“ gehe ich sehr organisiert und strukturiert an meine Arbeit heran und schaffe dadurch sicher mehr als andere in der gleichen Zeit.

Andrea: Wenn du mit Deiner Selbstständigkeit nochmal von vorne anfangen könntest, würdest du dann etwas anders machen?

Christiane: Da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Also ist die Antwort wohl nein.

Manuela: Wie wichtig ist mentale Stärke als Unternehmerin?

Christiane: Ich denke, das ist wie im Sport. Disziplin, Hartnäckigkeit und logischerweise auch das Vertrauen in die eigenen Leistungen gehören definitiv dazu. Es gibt im Laufe der Unternehmerkarriere sehr viele Hochs und Tiefs. Vor allem, wenn ihr einmal Mitarbeiter habt, werdet ihr das besonders merken. Da kommen noch einmal ganz andere Emotionalitäten dazu, weil man einfach ganz viel Verantwortung für ganz viele Menschen trägt, nicht nur finanziell, sondern logischerweise auch emotional. Wenn du da selbst nicht gut aufgestellt bist, wird es schwierig. Und der zweite Faktor ist, dass sich niemand mehr bei dir bedankt. Du wirst als Unternehmen nicht wirklich mehr gelobt. Wenn man angestellt ist, sieht das wieder anders aus. Natürlich bekommt man von seinen Kunden auch Feedback, du musst aber selbst wissen, dass deine Arbeit gut ist, dass du gut bist.

Manuela: Wie gehst du mit persönlicher Kritik um?

Christiane: Ich sehe Kritik nicht als negativ an. Aus Kritik kannst du etwas lernen. Diese Einstellung kommt sicher auch daher, dass ich sehr positiv eingestellt bin und wenn jemand mit Kritik auf mich zukommt, unterscheide ich immer, ob es etwas Sachliches oder etwas Persönliches ist. Es ist für mich ein wesentlicher Unterschied, ob mich jemand als Mensch oder für meine Arbeit kritisiert. Aus der Kritik an meiner Arbeit kann ich meinen Nutzen ziehen und lernen.

Andrea: Wie gehst du mit Rückschlägen und Zweifeln um?

Christiane: Ich habe für alle meine Projekte einen gewissen Zielstatus und ordne ihnen einen Euro-Wert und eine gewisse Zeit zu. Wenn Aufträge oder Vorhaben bis zu einem Zeitpunkt nicht aufgehen, kann ich auch schnell wieder loslassen. Natürlich ärgern mich Fehlentscheidungen oder Fehlinvestitionen, aber ich kann mir dann relativ schnell anschauen, was nicht funktioniert hat und schnell aus diesen Themen lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Und ich kann Fehler auch relativ rasch hinter mir lassen und es unter Erfahrungen verbuchen.

Manuela: Welche Tipps hast du, um sich als Newcomer besser in Preisgesprächen durchsetzen zu können?

Christiane: Kalkulation, Kalkulation, Kalkulation. Der größte Fehler, den vor allem Dienstleister machen, ist, die eigenen Kosten nicht zu kennen. Man muss auf jeden Fall seinen eigenen Wert und die Kostenstruktur der eigenen Firma kennen. Ich muss wissen, was ich verdienen muss, was der Mindeststundensatz ist, damit mir überhaupt etwas bleibt, dann tue ich mir auch beim Verhandeln leichter. Wenn ich meine Preise von Anfang an zu niedrig ansetze, ist eine spätere Erhöhung unheimlich schwer.

Andrea: Findest du, dass man es als Frau in der Selbstständigkeit schwerer hat als Männer?

Christiane: Auf jeden Fall viel schwerer. Gerade in der Steuerberatung, in der ich arbeite. Gerade in Kärnten, das sehr männerdominiert ist, hast du es vom Start weg an sehr viel schwerer. Wenn ich anfangs zu Terminen gegangen bin, hat man mich öfter auch für meine eigene Sekretärin gehalten. Wichtig ist, dass man sich bewusst ist, dass es sehr viel schwerer als Frau ist. Denn Klischees sind hier in Kärnten noch sehr weit verbreitet. Außerdem werden dir gewisse negative Eigenschaften als Frau zugeschrieben – etwa, wenn du mal bestimmter auftrittst, was bei Männern eher positiv gewertet wird. Als Frau sind das Auftreten, die Garderobe und wie du dich präsentierst extrem wichtig, weil du in dieser recht klischeebehafteten Welt gerne nach solchen Kriterien beurteilt wirst. Mir persönlich ist es allerdings recht egal, was andere über mich denken. Diese Stärke muss man allerdings erstmal haben.

Manuela: Wie stehst Du generell zum Thema „Unternehmerin und Mutter sein“?

Christiane: Nachdem ich noch keine Kinder habe, kann ich nicht aus persönlicher Erfahrung sprechen. Ich sehe es aber sehr oft, dass diese beiden Bereiche sehr schwer zu vereinbaren sind, weil die Unternehmerinnen, die ich kenne, viel unter einen Hut zu bringen haben.

Andrea: Wie siehst du die aktuelle Coronakrise? Wie wirkt sich diese Zeit auf die Unternehmer und Unternehmerinnen aus?

Christiane: Für den Großteil der Unternehmerinnen und Unternehmer ist Corona sicherlich eine wahnsinnige Bedrohung – vor allem schon rein psychologisch, weil die Selbstbestimmtheit auf einmal ein Stück weit verloren geht. Und wenn ich den Hotel-, Gastronomie- oder Eventbereich sehe, die von heute auf morgen per Gesetz nicht mehr arbeiten dürfen, ist das eine sehr reale Bedrohung. Im März war zeitweise nicht mal klar, wann überhaupt wieder aufgesperrt werden darf. Eine sehr extreme Situation, wenn man nach dem Motto „selbst und ständig“ lebt und gewöhnt ist, eigenbestimmt zu handeln, und diese Handlungsfreiheit auf einmal komplett verloren geht. Allgemein gesehen sind die Auswirkungen aber von Branche zu Branche verschieden. Allerdings hatten es vor allem die Gründerinnen und Gründer in dieser Zeit sehr schwer. Gerade in bestimmten Branchen war der Start durch Corona mit sehr viele Schwierigkeiten verbunden.

Manuela: Wie gehst du mit Erfolg um? Bist Du ein Mensch, der Erfolge feiert?

Christiane: Ich bin mir sicher, dass ich sehr viele meiner Erfolg nicht gefeiert habe. Teilweise auch, weil sie mir gar nicht bewusst waren. Bei mir sind in den letzten zehn Jahren so viele Dinge passiert, es ist Schlag auf Schlag gegangen, wenn ich jedes Mal gefeiert hätte, wäre es jetzt um meine Gesundheit nicht besonders gut bestellt. (lacht) Zwischendrin sollte man sich aber sicher auch mal hinsetzen und sich seiner Erfolge bewusstwerden und sie genießen. Gerade im Team ist es schön, erfolgreich zu sein und das auch bewusst wahrzunehmen. Allerdings höre ich oft von meinen Mitarbeitern, dass sie von mir viel mehr Feedback über ihre Arbeit und ihre Meilensteine bekommen, als das ich über das rede, was ich geschafft habe.

Andrea: Wie wichtig sind dir Social-Media-Kanäle und wie du dort wirkst?

Christiane: Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich vor zehn Jahren bei meiner Positionierung Texte als Videos zu Steuerthemen und Informationen aufbereitet habe. Das hat damals niemand gemacht. Und dementsprechend haben wir in kürzester Zeit sehr viele Kunden gehabt, weil sie auf unsere Videos aufmerksam geworden sind. Über SocialMedia hast du mittlerweile eine ganz andere Art, dich darzustellen. Vor allem, wenn du dich ganz anders positionierst als alle anderen. Neben mir hat es in ganz Österreich kaum Steuerberaterinnen gegeben, die sich so breit aufgestellt haben, dazu meine Farbenwahl, wie ich mich und meine Arbeit präsentiere. Da waren die Videos damals eigentlich die richtige Form, um potenziellen Kunden zu zeigen, dass ich sehr wohl seriös bin und Know-how habe. Ich glaube, dass du sehr viel mit SocialMedia machen kannst, dass du einiges über deinen Beruf und die Hintergründe deines Berufs zeigen und dass du auf dich aufmerksam machen kannst.

Andrea: Du bist sehr viel unterwegs. Ist das noch spannend für dich oder nur eine Pflichterfüllung?

Christiane: Ich denke, die Summe dessen, was ich weiß und kann, habe ich auf oder durch Reisen gelernt. Es ist aus meiner Sicht nicht förderlich, immer im gleichen Bundesland zu bleiben und mit den gleichen Leuten zusammenzuarbeiten. Das hat etwas mit Kreativität und mit anderen Sichtweisen zu tun. Wenn ich es auf Österreich umlegen: Ich bin sehr viel in den anderen Bundesländern unterwegs und erweitere schon allein dadurch ständig meinen Horizont. Wenn ich im Ausland unterwegs bin, potenziert sich dieser Effekt natürlich um einiges. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass ich als Beraterin ganz andere Geschäftsfelder auftuen konnte und viele Trends schon sehr früh kennengelernt habe, bevor sie überhaupt nach Österreich gekommen sind.

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